Fehler im Zusammenhang mit dem Beta-Faktor können vermieden werden, wenn man darauf achtet, ob das Tax-Shield sicher oder unsicher ist.
Im Zusammenhang mit der Bestimmung des Beta-Faktors stellt sich immer die Frage: "Wie sicher ist die Nutzung der steuerlichen Bevorteilung der Fremdfinanzierung?" Für den Bewerter ist es dabei wichtig, zwischen dem Cashflow-Effekt und dem Risiko-Effekt zu unterscheiden. In Kombination definieren diese beiden Effekte die Höhe des häufig nicht unerheblichen Wertes des Tax-Shields. Für die Unternehmensbewertung ist ein gutes Verständnis der Grundlagen des Tax-Shields daher durchaus relevant.
Unter dem Tax-Shield wird der steuerliche Vorteil der Fremdfinanzierung aufgrund der Abzugsfähigkeit der Zinsen von der steuerlichen Bemessungsgrundlage verstanden. In Deutschland gilt dies grundsätzlich in voller Höhe für die Körperschaftssteuer und zu 75% für die Gewerbesteuer. In vielen Ländern besteht sogar eine vollständige steuerliche Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen im Rahmen der Besteuerung auf Ebene des Unternehmens.
Dieser Effekt kann als Cashflow-Effekt des Tax-Shields bezeichnet werden. Im Rahmen des Ertragswertverfahrens erfolgt eine direkte Berücksichtigung in der Ertragsberechnung. Bei Anwendung des DCF-Verfahrens erfolgt die Berücksichtigung üblicherweise im Kapitalkostensatz, dem sog. WACC, durch eine Reduzierung der Fremdkapitalkosten um die Höhe des befreiten Steuersatzes.
Um den Risiko-Effekt des Tax-Shields zu verstehen, hilft es, sich zunächst die Wirkung des Leverage-Effektes vor Augen zu führen. Fremdkapital wirkt deshalb für die Eigenkapitalgeber risikoerhöhend, weil die Zinslast nicht oder nicht vollständig mit dem Erfolg des Unternehmens variiert. Liegen die Eigenkapitalkosten über den Fremdkapitalkosten, dann erhöhen sich Rendite und Risiko für die Eigenkapitalgeber mit steigendem Verschuldungsgrad nicht nur in absoluten Zahlen, sondern auch relativ. Die Eigenkapitalrendite nimmt mit einer höheren Verschuldung zu und vice versa.
Zusätzliches Fremdkapital bringt neben dem Nachteil der Risikoerhöhung für die Eigenkapitalgeber den Vorteil eines zusätzlichen Tax-Shields mit. Im Leverage-Effekt wirken demzufolge die Zinsen faktisch nicht in voller Höhe risikoerhöhend, sondern nur reduziert.
Wenn diese Risikominderung nicht nur ex post, sondern auch ex ante für die erwartete Eigenkapitalrendite unterstellt wird, spricht man von einem sog. sicheren Tax-Shield, anderenfalls ist das Tax-Shield unsicher.
Welche der beiden Formen der Beta-Berechnung genutzt werden sollte, hängt wesentlich von der Art und Weise der Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung des Bewertungsobjektes ab. Gerade die Steuerung der Firma auf eine feste Verschuldungsquote gelingt nicht immer nur über eine geschickte Dividendenpolitik, sondern macht auch regelmäßige Eigenkapitalmaßnahmen, z.B. in Form von Aktienrückkäufen erforderlich. Dies ist in der Praxis eher für börsennotierte Firmen im anglo-amerikanischen Raum beobachtbar. Am deutschen Aktienmarkt sind Aktienrückkäufe hingegen keine typische Form der „Dividendenpolitik“. Für die wenig fungiblen Anteile an einer GmbH steht dieses Instrument ohnehin nicht oder nur äußerst eingeschränkt zur Verfügung.
Ob die Entscheidung „sicher“ oder „unsicher“ deutliche Auswirkungen hat, hängt in erster Linie davon ab, wie stark sich der Verschuldungsgrad der Vergleichsunternehmen – hier wird unlevered – und der Verschuldungsgrad des Bewertungsobjektes – hier ist zu relevern – unterscheiden. Je höher der Verschuldungsgrad des Bewertungsobjektes relativ zu den Vergleichsunternehmen, desto abgemilderter wirkt sich die Erhöhung des Beta-Faktors bei Anwendung des „sicheren Tax-Shields“ aus mit einer entsprechend positiven Wirkung auf den ermittelten Unternehmenswert.
Wichtiger als die Entscheidung für oder gegen das sichere Tax-Shield ist es, sowohl unlevern als auch relevern mit der gleichen Herangehensweise vorzunehmen, d.h. entweder jeweils ein sicheres oder ein unsicheres Tax-Shield zu unterstellen. Anderenfalls kommt es zu systematischen Fehlern, die durch den zuvor genannten Einfluss des Verschuldungsgrades noch verstärkt werden. Nur in gut begründeten Fällen, in denen sich die Verschuldungspolitik von (dann zwingend homogenen) Peer-Group und Bewertungsobjekt dokumentiert in ihrer Struktur unterscheiden, sollte der Bewerter sicheres und unsicheres Tax-Shield beim unleveren und relevern miteinander kombinieren.
Die Unterscheidung zwischen sicherem und unsicherem Tax-Shield ist wesentlich für die korrekte Bestimmung des Beta-Faktors und damit für die Bewertung des Unternehmenswertes. Während der Cashflow-Effekt des Tax-Shields die steuerlichen Vorteile der Fremdfinanzierung beschreibt, geht der Risiko-Effekt auf die Auswirkungen auf die Eigenkapitalkosten und die Eigenkapitalrendite ein. Für eine korrekte Bewertung ist es entscheidend, beide Effekte zu berücksichtigen und eine konsistente Methodik anzuwenden.
Ein sicheres Tax-Shield unterstellt, dass die steuerliche Bevorteilung der Fremdfinanzierung sowohl ex post als auch ex ante sicher genutzt werden kann. Ein unsicheres Tax-Shield geht davon aus, dass diese Nutzung nicht sicher ist, was zu unterschiedlichen Bewertungen führen kann.
Das Tax-Shield reduziert die effektiven Kapitalkosten durch die Abzugsfähigkeit der Zinsen von der steuerlichen Bemessungsgrundlage, was den Unternehmenswert erhöhen kann.
Konsistenz beim Unlevern und Relevern ist wichtig, um systematische Fehler zu vermeiden, die durch unterschiedliche Herangehensweisen verstärkt werden können.
Der Verschuldungsgrad beeinflusst die Eigenkapitalkosten und damit den Beta-Faktor. Ein höherer Verschuldungsgrad kann zu einem höheren Beta-Faktor führen, was das Risiko und die erwartete Rendite für die Eigenkapitalgeber erhöht.
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