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Varianten des Beta-Faktors: die Unterschiede im Überblick

Der Beta-Faktor ist ein zentraler Baustein in der Finanzwirtschaft, insbesondere bei der Bewertung von Unternehmen und der Ermittlung des Kapitalkostensatzes. Doch Beta-Faktor ist nicht gleich Beta-Faktor. Denn es existiert eine ganze Palette von Varianten, mit spezifischen Anwendungsbereichen und Berechnungsgrundlagen. Die Wahl des richtigen Beta-Faktors entscheidet maßgeblich über die Genauigkeit der Bewertungsergebnisse und damit über die Qualität der Beratungsleistung. Daher ist ein tiefgreifendes Verständnis für Wirtschaftsprüfer und Bewertungsexperten unerlässlich. Wir beleuchten die wichtigsten Varianten des Beta-Faktors und zeigen auf, wann welche Variante zum Einsatz kommt.

Geschrieben von

Peter Schmitz

Veröffentlicht am

13.9.24

INHALTSVERZEICHNIS

Was ist der Beta-Faktor, wie bestimmt und wofür verwendet man ihn?

Der Beta-Faktor misst das systematische Risiko einer Anlage im Vergleich zu einem breiten Marktindex, wie etwa dem S&P 500. Kurz gesagt, zeigt der Beta-Faktor an, wie stark sich der Kurs einer Aktie oder eines Portfolios im Vergleich zum Gesamtmarkt bewegt. Es handelt sich beim Beta-Faktor um ein relatives – und nicht absolutes – Risikomaß.

Die Berechnung des Beta-Faktors erfolgt in der Regel durch eine statistische Analyse: Man vergleicht die historische Kursentwicklung einer Anlage mit einem geeigneten Marktindex.

Es gibt eine Vielzahl von Beta-Varianten, die sich in ihrer Berechnung und Anwendung unterscheiden. Diese Unterschiede sind bedeutend für Investoren und Analysten, da die Wahl der Variante die Ergebnisse von Risikoanalysen und Bewertungsmodellen maßgeblich beeinflusst.

Die verschiedenen Beta-Varianten berücksichtigen unterschiedliche Faktoren wie die Kapitalstruktur eines Unternehmens, die Branche oder die aktuelle Marktphase. Ein genaues Verständnis dieser Varianten ist daher essenziell, um die Risiken einer Anlage korrekt einzuschätzen und fundierte Entscheidungen zu treffen.

Levered Beta: Gut beobachtbar an den Aktienmärkten

Das Levered Beta, oft auch als „verschuldetes Beta“ bezeichnet, ist ein Maß für das Gesamtrisiko des Eigenkapitals eines Unternehmens. Es spiegelt sowohl das operative Geschäftsrisiko als auch das Finanzierungsrisiko wider, das durch die Verschuldung eines Unternehmens entsteht.

Das Levered Beta eines börsennotierten Unternehmens ist relativ einfach zu bestimmen. Denn durch die tägliche Kursfeststellung an den Aktienmärkten liegen in der Regel umfangreiche historische Kursdaten vor. Diese lassen sich nutzen, um das Levered Beta zu berechnen:

Hierfür vergleicht man die historische Kursentwicklung der Aktie eines Unternehmens mit der Kursentwicklung eines geeigneten Marktindexes.

Durch eine statistische Analyse, wie etwa eine lineare Regression, ermittelt man, wie stark die Renditen der Aktie mit den Renditen des Marktindexes korrelieren. Der Steigungskoeffizient dieser Regression entspricht dem Levered Beta.

Für die Berechnung des Levered Betas sind einige wichtige Entscheidungen zu treffen:

  • Zeitraum: Üblicherweise verwendet man einen Zeitraum von 1 bis 5 Jahren für die Analyse. Ein längerer Zeitraum kann dazu beitragen, die Auswirkungen kurzfristiger Marktschwankungen zu glätten.
  • Renditeperiode: Die Renditen lassen sich täglich, wöchentlich oder monatlich berechnen. Monatliche Renditen sind weitverbreitet, da sie einen guten Kompromiss zwischen Datenverfügbarkeit und der Berücksichtigung von kurzfristigen Schwankungen darstellen.
  • Auswahl des Aktienindex: Die Wahl des richtigen Marktindexes ist entscheidend. Für deutsche Unternehmen eignet sich etwa der DAX, für US-amerikanische Unternehmen der S&P 500.
  • Währung: Die Berechnungen können in der lokalen Währung, in US-Dollar oder in Euro durchgeführt werden. Die Wahl der Währung hängt von der gewünschten Vergleichbarkeit und den verfügbaren Daten ab.

Raw Beta-Faktor vs. Adjusted Beta-Faktor: Korrektur oder nicht?

Sowohl das Raw Beta als auch das Adjusted Beta bauen auf dem bereits berechneten Levered Beta auf. Sie unterscheiden sich jedoch in der Frage, wie sehr man den historischen Beta-Wert für zukünftige Prognosen als verlässlich betrachtet.

Das Raw Beta ist der direkt aus den historischen Daten berechnete Beta-Wert. Er gibt an, wie stark sich eine Aktie in der Vergangenheit im Vergleich zum Markt bewegt hat. Die Annahme hinter dem Raw Beta ist, dass diese historische Beziehung auch in Zukunft bestehen bleibt.

Ein Kritikpunkt am Raw Beta ist, dass Beta-Werte dazu tendieren, über die Zeit zur mittleren Marktentwicklung (Beta von 1) zurückzukehren. Diesen Effekt bezeichnet man als Mean-Reversion. Verwendet man das Raw Beta unkorrigiert, könnte man das zukünftige Risiko einer Aktie überschätzen (wenn ihr historisches Beta über 1 liegt) oder unterschätzen (bei einem historischen Beta unter 1).

Das Adjusted Beta ist ein Versuch, die Schwächen des Raw Beta zu korrigieren. Dabei passt man den historischen Beta-Wert um einen bestimmten Faktor an, um die Tendenz zur Mean-Reversion zu berücksichtigen.

Eine bekannte Methode ist das „Blume-Adjustment“. Hier gewichtet man den historischen Beta-Wert mit einem Gewichtungsfaktor zwischen 0 und 1 und normiert den Rest auf den Wert 1 (Marktbeta).

Unlevered Beta-Faktor: Das reine Geschäftsrisiko

Das Unlevered Beta fokussiert sich rein auf das operative Geschäftsrisiko eines Unternehmens. Es zeigt an, wie stark es sich aufgrund seiner Geschäftstätigkeit im Vergleich zum Gesamtmarkt bewegt, unabhängig von seiner Kapitalstruktur und ohne Berücksichtigung des Finanzierungsrisikos.

Da das Unlevered Beta nicht direkt beobachtbar ist, muss man es aus dem Levered Beta ableiten. Dazu bereinigt man das Levered Beta um den Effekt der Verschuldung. Die genaue Berechnung hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Steuerliche Effekte: Zinsen auf Schulden sind in vielen Ländern steuerlich absetzbar. Dieses sogenannte „Tax Shield“ reduziert das effektive Risiko der Verschuldung.
  • Risiko des Fremdkapitals: Das Risiko des Fremdkapitals („Debt Beta“) wird oft mit dem risikolosen Zins oder einem kurzfristigen Staatsanleihenzins geschätzt.

Bei der Berechnung des Unlevered Beta ist die Einflussnahme des Bewerters größer als beim Levered Beta, da sie subjektive Einschätzungen erfordert. Es existieren verschiedene Modelle und Annahmen, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können.

Relevered Beta-Faktor: Geschäftsrisiko und Finanzierungsrisiko

Das Relevered Beta ist im Grunde das Gegenteil des Unlevered Betas. Während man beim Unlevered Beta das Finanzierungsrisiko aus dem Gesamtrisiko herausrechnet, fügt man es beim Relevered Beta wieder hinzu.

Dadurch lassen sich Unternehmen mit unterschiedlichen Kapitalstrukturen besser vergleichen. Häufig verwendet man das Relevered Beta bei Unternehmenskäufen, um die Auswirkungen der Übernahme auf die Kapitalstruktur des kombinierten Unternehmens zu analysieren.

Debt Beta: Auch Fremdkapital kann Risiken enthalten

Bislang haben wir uns hauptsächlich mit dem Beta des Eigenkapitals (Equity Beta) beschäftigt. Doch auch Fremdkapital ist nicht frei von Risiken. Das Debt Beta misst die Sensitivität der Renditen von Fremdkapital gegenüber Veränderungen am Gesamtmarkt.

Obwohl man Fremdkapital oft als stabiler und im Vergleich zu Eigenkapital als weniger riskant betrachtet, schwanken auch dessen Wert und die Renditeerwartung. Diese Schwankungen sind – mit Ausnahme sogenannter indirekter Insolvenzkosten – primär auf das Geschäftsrisiko des Unternehmens zurückzuführen.

Da dies in Summe nicht von der Art des Finanzierungsmixes abhängt, gilt: Die Berücksichtigung des Debt Beta führt zu einer exakteren Abbildung des Gesamtrisikos eines Unternehmens, da man sowohl das Eigenkapitalrisiko als auch das Fremdkapitalrisiko berücksichtigt.

Durch den expliziten Einschluss des Fremdkapitalrisikos (Debt Beta) lässt sich das reine Geschäftsrisiko (Unlevered Beta) genauer isolieren und somit vom Finanzierungsrisiko trennen.

Häufigster Anwendungsfall: Die Unternehmensbewertung

Die Ermittlung der Kapitalkosten ist ein zentraler Bestandteil jeder Unternehmensbewertung, insbesondere bei nicht börsennotierten Unternehmen.

Hierbei können alle besprochenen Beta-Varianten zum Einsatz kommen:

Levered Beta: Für nicht börsennotierte Unternehmen liegen keine direkten Marktdaten vor. Deshalb leitet man das Levered Beta aus einer PeerGroup vergleichbarer Unternehmen ab. Der Bewerter hat die Wahl zwischen dem Raw Beta (ungewichtetes Durchschnitts-Beta der PeerGroup) oder einer Anpassung wie dem Blume-Adjustment. Letzteres berücksichtigt die geringere Volatilität von kleineren Unternehmen im Vergleich zu großen Marktindizes.

Unlevered Beta: Um das Finanzierungsrisiko zu eliminieren, wandelt man für jedes einzelne Unternehmen der PeerGroup das Levered Beta in ein Unlevered Beta um. Dieses spiegelt das reine Geschäftsrisiko wider, unabhängig vom Grad der Verschuldung.

Relevered Beta: Das Relevered Beta berücksichtigt die spezifische Finanzierungsstruktur des zu bewertenden Unternehmens. Nachdem das Unlevered Beta aus der PeerGroup ermittelt wurde, passt man es durch das sogenannte „Relevering“ dem Verschuldungsgrad des Bewertungsobjektes an.

Debt Beta: Bei Unternehmen mit signifikanter Verschuldung – sowohl in der PeerGroup als auch beim Bewertungsobjekt – sollte man das Debt Beta in Betracht ziehen. Es misst die Sensitivität der Fremdkapitalrenditen gegenüber Marktbewegungen und kann dazu beitragen, die Kapitalkosten genauer zu bestimmen.

Beta-Faktor: Varianten und Anwendung – Fazit

Die verschiedenen Beta-Varianten zu verstehen und richtig zu nutzen, ist der Schlüssel zu fundierten Entscheidungen in der Finanzwelt. Der Beta-Faktor – als Maß für das systematische Risiko einer Anlage im Vergleich zum Gesamtmarkt – ist insbesondere für die Unternehmensbewertung und die Berechnung von Kapitalkosten von zentraler Bedeutung.

Die Wahl des richtigen Beta-Faktors entscheidet über die Genauigkeit von Prognosen und Bewertungen. Während das Levered Beta das Gesamtrisiko eines Unternehmens widerspiegelt, fokussiert sich das Unlevered Beta auf das reine Geschäftsrisiko. Das Debt Beta wiederum misst das Risiko des Fremdkapitals.

Durch die Analyse von Beta-Werten können Unternehmensbewerter das Risiko einer Anlage präziser einschätzen, weil sie erkennen, welche Rendite für ein bestimmtes Risiko zu erwarten ist. Ein hohes Beta deutet auf eine hohe Volatilität und damit auf ein höheres Risiko hin, ein niedriges auf eine geringere Volatilität und ein niedrigeres Risiko.

Darüber hinaus spielen Beta-Faktoren eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der Kapitalkosten. Diese sind der Mindestrenditeanspruch, den Investoren für ihr eingesetztes Kapital erwarten. Ein höheres Beta führt in der Regel zu höheren Kapitalkosten, da für ein höheres Risiko eine höhere Rendite verlangt wird.

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