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Bid-Ask-Spread in der Unternehmensbewertung – Bedeutung für den Beta-Faktor

Der Bid-Ask-Spread hat weitreichende Auswirkungen auf die Unternehmensbewertung. Für Wirtschaftsprüfer und Leiter der Rechnungslegung in Konzernen sind präzise und valide Werte von zentraler Bedeutung. Denn sie bilden die Grundlage für zahlreiche Entscheidungen, von der Bilanzierung bis hin zur strategischen Akquisition. Ein oft übersehener, aber entscheidender Faktor in diesem Zusammenhang ist der Bid-Ask-Spread. In diesem Beitrag zeigen wir auf, wie eng Bid-Ask-Spread und Beta-Faktor miteinander verknüpft sind.

Geschrieben von

Peter Schmitz

Veröffentlicht am

2.8.24

INHALTSVERZEICHNIS

Einfluss des Beta-Faktors

Der Beta-Faktor gibt an, wie stark sich die Rendite eines Wertpapiers im Vergleich zum Gesamtmarkt bewegt.

  • Ein Beta-Faktor von 1 bedeutet, dass sich das Wertpapier im Durchschnitt genauso stark wie der Markt bewegt.
  • Ist der Wert größer als 1, deutet dies auf eine überdurchschnittliche Volatilität hin.
  • Ein Wert kleiner als 1 zeigt eine unterdurchschnittliche Volatilität an.

Der Beta-Faktor ist wesentlicher Bestandteil einer gerichtsfesten Unternehmensbewertung. Durch Verzerrungen verursachte Fehler bei dessen Bestimmung können sich erheblich auf den Unternehmenswert auswirken.

Zu den relevanten Verzerrungsfaktoren gehört der Bid-Ask-Spread. Ein hoher Spread kann zu einer Über- oder Unterschätzung der Volatilität und damit zu einem zu hohen oder zu niedrigen Beta-Faktor führen. Ein aufgrund eines hohen Bid-Ask-Spreads verzerrter Beta-Faktor zieht Konsequenzen mit sich:

  • Zu hohe Kapitalkosten: Der Kapitalkostensatz wird überschätzt, was zu einer niedrigeren Unternehmensbewertung führt.
  • Zu geringe Kapitalkosten: Der Kapitalkostensatz wird unterschätzt, was zu einer überhöhten Unternehmensbewertung führt.

Welche Rolle spielt der Bid-Ask-Spread in der Unternehmensbewertung?

Der Bid-Ask-Spread ist die Differenz zwischen dem höchsten Kaufpreis (Bid) und dem niedrigsten Verkaufspreis (Ask) eines Wertpapiers. Dieser Faktor wird im Rahmen der Bestimmung des Beta-Faktors bei Unternehmensbewertungen häufig unterschätzt. Man kann ihn sich als eine Art von Unschärfefaktor vorstellen.

Hohe Bid-Ask-Spreads fügen der Ermittlung des Beta-Faktors sogenanntes zufälliges „Noise“ hinzu. Im Kontext der Unternehmensbewertung ist der Bid-Ask-Spread aus drei Gründen relevant:

  • Marktliquidität: Weil ein hoher Spread auf eine geringe Marktliquidität hindeutet, kann dies ein Indiz für eine höhere Unsicherheit am Markt sein.
  • Volatilität: Starke Kursschwankungen führen in der Regel zu einem breiteren Spread. Unternehmen mit einer hohen Volatilität sind risikoreicher. Deshalb bewerten Käufer sie mit einem höheren Risikoaufschlag.
  • Informationsasymmetrie: Breite Spreads können ein Anzeichen für Informationsungleichgewichte zwischen Käufer und Verkäufer sein. Liegt etwa Insiderwissen vor, können beide Parteien unterschiedliche Vorstellungen über den Preis haben.

Hohe Bid-Ask-Spreads führen zu einer höheren Bewertungsunschärfe. Das macht es schwieriger, einen präzisen Unternehmenswert zu ermitteln. Denn der tatsächlich erzielbare Verkaufspreis kann aufgrund des Spreads unter oder über dem theoretischen Wert liegen.

Abfindungsangebote in börsennotierten Squeeze-Out-Verfahren

In Squeeze-Out-Verfahren börsennotierter Unternehmen spielt der Beta-Faktor eine entscheidende Rolle. Er wird herangezogen, um eine angemessene Abfindung für Minderheitsaktionäre zu bestimmen.

Insbesondere, wenn ein Unternehmen nach einem Squeeze-Out von 95 % nur noch mit einem sehr geringen Streubesitz an der Börse notiert, wird der Beta-Faktor zum zentralen Bewertungskriterium. In dieser Situation einen zuverlässigen Beta-Faktor zu ermitteln, ist jedoch herausfordernd:

  • Nach einem Squeeze-Out ist das Handelsvolumen in der Regel sehr gering. Dies führt zu einem breiten Bid-Ask-Spread und erschwert die Berechnung eines repräsentativen Beta-Faktors.
  • In der Zeit vor einem Squeeze-Out ist die Aktie oft erhöhten Schwankungen ausgesetzt. Denn jetzt stellen sich die Anleger auf das bevorstehende Angebot ein. Dies führt zu verzerrten historischen Volatilitätsmaßen – und damit zu einem möglicherweise überhöhten Beta-Faktor.

Der Frage, ob man das eigene Beta des Unternehmens oder das Beta einer Vergleichsgruppe (Peer-Group) verwenden sollte, kommt in solchen Fällen entscheidende Bedeutung zu:

  • Eigenes Beta: Die Verwendung des eigenen Beta-Faktors ist grundsätzlich wünschenswert. Schließlich spiegelt es die spezifischen Risiken des Unternehmens wider. Jedoch ist dies nur sinnvoll, wenn sich der Beta-Faktor auf Basis einer ausreichenden Anzahl von historischen Daten und unter Berücksichtigung der genannten Verzerrungen berechnen lässt.
  • Peer-Group-Beta: Lässt sich das eigene Beta aufgrund der genannten Schwierigkeiten nicht verlässlich ermitteln, liegt die Alternative in der Verwendung eines Peer-Group-Betas. Dabei wird der Beta-Faktor einer Gruppe vergleichbarer Unternehmen ermittelt und auf das Bewertungsobjekt übertragen.

Gerichtsentscheidungen zu Abfindungsangeboten

Die deutsche Rechtsprechung machte immer wieder deutlich, dass der Bid-Ask-Spread einen erheblichen Einfluss auf die Bewertung von Unternehmen hat, insbesondere im Zusammenhang mit Squeeze-Out-Verfahren.

Gerichte betonten mehrfach, dass ein hoher Bid-Ask-Spread als Indiz für eine geringe Liquidität und damit für eine ineffektive Bewertung angesehen werden kann. Beispiele aus der Praxis sind:

  • OLG Frankfurt a. M. – Beschluss vom 26.1.2017 – 21 W 75/15: Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main stellte in einem Beschluss aus dem Jahr 2017 klar, dass „bei einem deutlich über 2 % liegenden Geld-Brief-Spread erhebliche Zweifel an der Liquidität der Aktie bestehen“. Dies kann dazu führen, dass eine auf Basis dieser Aktie durchgeführte Bewertung als nicht verlässlich eingestuft wird.
  • LG Stuttgart, NZG 2013, 342 – Auch das Landgericht Stuttgart äußerte sich zu dieser Thematik. Es stellte fest, dass „bereits bei einem Bid-Ask-Spread von 2,37 % keine verlässliche Aussage über den Unternehmenswert getroffen werden kann.“
  • OLG Frankfurt – In einem weiteren Beschluss wertete das OLG Frankfurt einen hohen Bid-Ask-Spread als „konkreten Anhaltspunkt für eine ‚ineffektive Bewertung‘.“
  • Der Fall Augusta Technologie – Der Fall der Augusta-Technologie AG verdeutlicht die praktische Relevanz dieser Rechtsprechung. In diesem Fall beanstandete das Landgericht München I die Bewertung des Unternehmens, da der Bid-Ask-Spread als zu hoch eingeschätzt wurde.

Der Bid-Ask-Spread ist ein entscheidender Faktor bei der Bewertung von Unternehmen in Squeeze-Out-Verfahren. Eine sorgfältige Analyse der Liquidität der Aktie und die Wahl geeigneter Bewertungsmethoden sind daher unabdingbar für eine gerichtsfeste Bewertung.

Grundsätzliche Bedeutung für die Unternehmensbewertung

Die Bedeutung des Bid-Ask-Spreads geht weit über den speziellen Kontext von Squeeze-Out-Verfahren hinaus. Zwar stellen Abfindungsangebote für börsennotierte Unternehmen eine besondere Herausforderung dar. Die typischen Bewertungsanlässe in der Unternehmensbewertung sind jedoch vielfältiger:

  • Unternehmenskauf: Bei Unternehmenskäufen ist die Bewertung zentral, um den angemessenen Kaufpreis zu bestimmen.
  • Venture Capital: Start-ups und junge Unternehmen werden häufig bewertet, um die Höhe von Investition zu bestimmen.
  • Immobilienbewertung: Auch bei Immobilienbewertungen wendet man ähnliche Prinzipien an, wenngleich mit anderen Kennzahlen.

Dennoch gelten die genannten Maßstäbe auch hier, da auch die Beta-Faktoren von Peer-Group-Unternehmen verzerrt sein können.

Fazit: Bid-Ask-Spread und Beta-Faktor

Der Bid-Ask-Spread ist ein äußerst relevanter Faktor für die Unternehmensbewertung. Die Genauigkeit des Beta-Faktors ist entscheidend, denn ein hoher Bid-Ask-Spread kann zu einer Verzerrung des Beta-Faktors führen.

Weil dieser ein zentraler Bestandteil vieler Bewertungsmodelle ist, wirkt sich eine Verzerrung direkt auf die berechnete Unternehmensbewertung aus.

In Squeeze-Out-Verfahren, bei denen ein Großaktionär die übrigen Aktionäre aus dem Unternehmen drängt, ist die genaue Bestimmung des Unternehmenswerts ebenfalls bedeutsam. Hier kann ein hoher Spread zu erheblichen Unterschieden in der Bewertung führen und zu Rechtsstreitigkeiten führen.

Bei anderen Bewertungsanlässen wie Unternehmenskäufen oder Venture Capital-Finanzierungen spielt der Bid-Ask-Spread ebenso eine Rolle. Er ist ein Indikator für die Liquidität eines Wertpapiers und kann die Unsicherheit über den wahren Wert erhöhen.

Um eine faire und präzise Unternehmensbewertung zu gewährleisten, sollte man folgende Aspekte berücksichtigen:

  • Auswahl der geeigneten Bewertungsmethode: Je nach Situation und Datenlage können unterschiedliche Bewertungsmethoden zum Einsatz kommen.
  • Berücksichtigung des Bid-Ask-Spreads: Der Spread sollte bei der Auswahl der Daten und der Berechnung der Kennzahlen berücksichtigt werden.
  • Sensitivitätsanalysen: Sensitivitätsanalysen sollten durchgeführt werden, um die Auswirkungen unterschiedlicher Annahmen auf das Bewertungsergebnis zu untersuchen.
  • Alternative Bewertungsmethoden: Bei hoher Unsicherheit aufgrund eines hohen Spreads können alternative Bewertungsmethoden in Betracht gezogen werden.

Die Nichtbeachtung des Bid-Ask-Spreads kann zu erheblichen Fehlern bei der Bewertung führen. Dies hätte sowohl für Unternehmen als auch für Investoren negative Konsequenzen.

Was ist der Bid-Ask-Spread und warum ist er in der Unternehmensbewertung relevant?
Wie beeinflusst der Bid-Ask-Spread den Beta-Faktor in der Unternehmensbewertung?
Welche Rolle spielt der Beta-Faktor in Squeeze-Out-Verfahren börsennotierter Unternehmen?
Welche Probleme können durch einen hohen Bid-Ask-Spread in der Unternehmensbewertung entstehen?
Wie können Wirtschaftsprüfer und Unternehmen den Einfluss des Bid-Ask-Spreads auf die Unternehmensbewertung minimieren?
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